Schottland – Glencoe & Ardnamurchan
Wir begeben uns in die tiefsten Highlands von Schottland, nach Glencoe und Ardnamurchan. Die Anreise erfolgt meist von Glasgow oder Edinburgh aus, durch das Loch Lomond und über das Buachaille Etive Mor. Bereits die Anfahrt ist beeindruckend und man fühlt sich wie in den Film «Highlander» versetzt.
Die Region um Glencoe bietet für Landschaftsfotografen beste Bedingungen für typische Schottland-Bilder. Das wurde mir bewusst, als ich das erste Mal Schottland bereiste. Damals erkundete ich das Land von Inverness aus, über die Nordost- und Nordwestküste bis hinunter nach Oban der zerklüfteten Küste entlang. Kein Gebiet meiner Reise bot so viele verschiedene Stimmungen wie die Region um Fort Williams und Glencoe. Daher möchte ich diese Region besonders hervorheben.
Glencoe & Loch Leven
Als Ausgangspunkt bieten sich Ballachulish oder Glencoe beidermassen gut an. Ist man doch von hier aus in allen Himmelsrichtungen in weniger als einer Stunde an den Top Spots. Beginnen wir gleich in Glencoe, welches am Loch Leven gelegen ist. Loch Leven wird von Meerwasser gespiesen und man spürt die Gezeiten zweimal am Tag sehr intensiv. In der Bucht, gleich an der A82 gelegen, befindet sich ein Bereich aus Grashügeln, welcher sich in den Intervallen der Gezeiten mit Wasser füllt und wieder leert. Die Hügel werden nie überspült und so ergibt sich am Abend ein interessanter Vordergrund, wenn der Himmel im Westen sich in warmen Farben zeigt. Im Sommer blühen zudem noch die Strandnelken, was einen zusätzlichen Farbtupfer ins Bild bringt.
Von Weitem sieht man den Berg Garbh Bheinn, welcher mit dem Tele imposant in Szene gesetzt werden kann, wenn das Wetter mitspielt. Insbesondere Anfang Winter kann es vorkommen, dass der Berg bereits mit Schnee bedeckt ist, sodass sich mit den Brauntönen der Erde ein spannender Kontrast ergibt.
Wer die Region im Sommer besucht, hat eventuell das Glück, die Hasenglöckchen (engl. Bluebells) anzutreffen. Eine spezielle Aufnahme kann dabei bei der St. John Church an der A82 realisiert werden.
Das Loch Leven ist bei schönem Wetter meist spiegelglatt. Von der Halbinsel Glencoe aus, welche von Ballachulish aus erreichbar ist, hat man einen grossartigen Blick südwärts. Mit etwas Glück kann man das seitliche Abendlicht im Sommer mit einer symmetrisch perfekten Spiegelung einfangen.
Das Tal – Glen Coe
Von Glencoe aus nehmen wir die Strasse Richtung Osten rauf durch das Glen Coe. Gleich eingangs des Tals befindet sich auf der linken Seite kurz vor dem Loch Achtriochtan ein Abzweig. Ein paar Hundert Meter weiter befindet sich der Coe-River-Wasserfall. Je nach Wassermenge sind seine Kaskaden vor allem am Nachmittag eine Augenweide, wenn das Licht in den Wasserfall trifft.
Das Loch Achtriochtan wird gesäumt von den mächtigen Bergen des Bidean Nam Bian. Die Felswände türmen sich hier fast senkrecht auf. Die kargen Böden bringen den typischen Highland-Charakter ins Tal. Im Frühling & Sommer sind diese grün und im Herbst und Winter erscheinen sie in Orange- und Rot-Tönen.
Das Massiv hat auch den Namen Three Sisters und ist bei Touristen und Bergsteigern sehr beliebt. Das Lichtspiel, besonders in den Nachmittagsstunden, ist typisch schottisch und magisch. Etwas weiter das Tal hinauf hat man einen grossartigen Blick Richtung Westen und sieht das Bergmassiv in seiner ganzen Grösse.
Buachaille Etive Mor
Am höchsten Punkt angekommen, befindet man sich nun im Buachaille Etive Mor. Ein weit gezogenes Tal mit dem Berg Buachaille Etive zur Rechten.
Gleich unterhalb liegt das kleine weisse Cottage mit dem Namen Lagangarbh Hut eingebettet in Farn und hohes Gras. Das Cottage gehört dem schottischen Mounteneering Club und ist ein viel fotografiertes Haus. Dort lohnt es sich, nach Perspektiven zu suchen. Je nach Jahreszeit ändert sich die Stimmung dort oben mehrere Male am Tag. Insbesondere wenn Stürme über die Ebene ziehen, entstehen dramatische Stimmungen, welche sich für Schwarz-Weiss-Bilder eignen. Das Moor verändert die Farben im Lauf der Jahreszeiten von Grün in Rostbraun. Meine favorisierten Jahreszeiten sind eindeutig Herbst und Winter.
Etive-Mor-Wasserfall
Der wohl am meisten fotografierte Wasserfall in den Highlands befindet sich gleich an der A82 bei der Einmündung ins Glen-Etive-Tal. Ich war an diesem Wasserfall bestimmt schon 10-mal, immer zu verschiedenen Jahreszeiten und immer sieht er anders aus. An einem Winterabend auf der Durchfahrt Richtung Edinburgh hatte ich dann besonderes Glück. Zum einen führte der Fluss Etive genügend Wasser, sodass die Kaskaden schön überspült wurden und zum anderen kam die Sonne mit goldenem Licht genau im richtigen Zeitpunkt hinter einer grossen Wolke hervor und beleuchtete einen Teil des Wasserfalls. Dies zeigt mir, dass man es immer wieder an einem perfekten Standort versuchen soll.
Black Rock Cottage
Etwas weiter der A82 folgend und kurz vor dem Glencoe Mountain Resort steht das Black Rock Cottage – ebenfalls ein Wahrzeichen und ein viel fotografiertes Objekt in den Highlands.
Glen Etive
Das Glen-Etive-Tal zieht sich hinunter Richtung Westen und bietet sehr viele schöne Kaskaden mit braun schimmerndem Wasser. In diesem Tal sollte man sich einen ganzen Tag von früh bis spät einrichten. Denn es gibt unzählige schöne Spots mit fliessendem Wasser zu erkunden. Mit etwas Glück bekommt man Kajakfahrer mit aufs Bild.
Ende Frühling blühen die Rhododendren in allen Farben und zusammen mit dem goldig-braun schimmerndem Wasser der Bäche und Flüsse im Tal können typisch schottische Bilder entstehen.
Am äussersten Ende des Glen Etive in Gualachulain endet das Tal und eine Augenweide ist ein altes Cottage, welches an der sich windenden Strasse gelegen ist.
Ardnamurchan
Die Ardnamurchan-Halbinsel ist ein wunderbar abgelegener Bereich, welcher sich bis zum äussersten westlichen Punkt von Schottland, nördlich der Isle of Mull und südlich der Isle of Skye, erstreckt. Nicht viele Touristen verirren sich in diese Region. Der Grund wird sein, dass es sehr wenige Ortschaften und demnach Infrastruktur gibt. Diese Abgeschiedenheit führt dann auch dazu, dass die Natur weitgehend sich selbst überlassen ist und somit noch das wahre raue Highland-Feeling zu finden ist.
Bereits beim Fähranlegeplatz bei Corran hat man einen herrlichen Blick über das Loch Linnhe rüber zur Halbinsel. Das Corran Lighthouse ist dabei gut zu erkennen vor dem imposanten Bergmassiv Garbh Bheinn. Die Überfahrt dauert nur ein paar Minuten, da das Loch Linnhe hier nur gerade 350 Meter breit ist. Danach führt die Strasse am Meer entlang und durch das Tal bis nach Strontian und weiter nach Salen. Die Strasse zwischen diesen beiden Ortschaften ist einspurig und führt durch bewaldetes Gebiet dem Loch Sunart entlang. Immer wieder hat es Aussichtspunkte, von welchen aus sich die Tierwelt – Robben, Otter und Seeadler – beobachten lässt.
Wenn das Licht mitspielt, kann man immer wieder ikonenhafte schottische Bilder mit Meer, Küste, Bergen und Wäldern einfangen. Daher ist zu empfehlen, Ausschau nach interessanten Küstenformationen zu halten. Falls gerade mal eine Sturmfront durchzieht, einfach ein paar Minuten warten und das Licht wird danach magisch werden.
Wenn man von Glencoe aus früh genug aufgebrochen ist, kann man es in einem Tag bis an den westlichen Küstenbereich bei Fascadale und Sanna und zurück schaffen. Wer die Abendstimmung mit Sonnenuntergang an der Westküste festhalten möchte, muss sich eine Unterkunft auf der Halbinsel organisieren. Das Hotel Salen als Ausgangspunkt ist dabei ein Tipp.
Wer es über die Single Track Road bis nach Fascadale an der äussersten westlichen Küste geschafft hat, wird mit einem atemberaubenden Panorama belohnt. In der Ferne sind Isle of Rum, Isle of Eigg und Isle of Skye zu erkennen.
Fährt man von Salen nördlich Richtung Mallaig, kommt man an Glenuig vorbei. Beim Glenuig Inn Hotel bietet die Bucht von Loch Ailort einen atemberaubenden Ausblick mit interessanten Felsformationen.
Auf der Rückfahrt zurück nach Glencoe bietet sich der Weg über Glenfinnen an. Das Glenfinnen Monument und das Viadukt sind weitere Highlights in Schottland.
Das fotografische Potenzial in Glencoe und Ardnamurchan ist enorm und man kann noch viel entdecken. Ich reise immer wieder in diese Region, um noch mehr gute Spots zu finden und die Ruhe der Natur zu geniessen. Insbesondere im Herbst und Winter, wenn die Stürme über das Land ziehen, ergeben sich für mich die schönsten Bilder.